Jedem Gefühl Raum geben

Ein persönlicher Austausch mit Psychoonkologin Josephine Marquart.

Josephine Marquart ist seit 2015 als Psychoonkologin tätig und seit 2022 wertvolles Teammitglied bei helgahilft.com. Sie begleitet Menschen mit der Diagnose Krebs und Angehörige, die aufgrund psychischer Belastungen bei helgahilft.com nach Rat suchen. 

Die Psychoonkologie ist ein wichtiger Bestandteil einer qualitätsvollen Krebsbehandlung. Sie bildet die Brücke zwischen Medizin und Mensch. Viele Betroffene haben den Begriff „Psychoonkologie“ noch nie gehört. Josephine Marquart beantwortet uns ein paar häufig gestellte Fragen dazu.

Wie erklärst Du “Psychoonkologie” für jemanden, der noch nie davon gehört hat?

“Psychoonkologie” ist eine spezielle Richtung in der Psychologie. Psychoonkologische Gespräche helfen den an Krebs Erkrankten und Angehörigen, mit der herausfordernden und schwer fassbaren Situation psychisch umzugehen.

Welche Themen kommen in Deinen Gesprächen häufig vor, bzw. wobei kannst Du den Patient*innen gut helfen. 

Ängste treten häufig auf, z.B. Angst, was kommen wird. Sowohl medizinisch als auch wie die Krankheit sich entwickeln wird. Das Gefühl von Traurigkeit kommt auch häufig vor und ist vollkommen nachvollziehbar. Ich helfe in den Gesprächen dabei, jedem Gefühl Raum zu geben. Danach begleite ich die betroffene Person zu ihrer Kraft und Stärke.

Was ist ein guter Zeitpunkt für psychoonkologische Begleitung? 

Wenn nach der Diagnosestellung Zuhause das Gefühl von Überforderung, innerer Leere und das Gefühl von “funktionieren müssen” auftritt. Auch bei Panikattacken und starker Traurigkeit bzw. depressiven Symptomen. Wenn großer Gesprächsbedarf besteht und die betroffene Person mit jemandem Neutralen reden will, weil er oder sie die Familie nicht belasten will.

Gibt es Tipps, welche Fragen ich mir selbst dazu stellen kann, um herauszufinden, ob ich eine Begleitung aufsuchen sollte? 

Habe ich das Gefühl, dass viele Gefühle in mir sind, die aktuell keinen Raum haben? Fühle ich schon einige Wochen gar kein Gefühl oder habe ich das Gefühl, neben mir zu stehen, als wenn “ein Film abläuft”. Möchte ich meine persönlichen Themen und Gedanken besprechen? Aber meine Familie damit nicht belasten?

Wie häufig kommen Deine Klient*innen zu Dir in die Videosprechstunde – gibt es da Empfehlungen? 

Das ist ganz von der Person und Situation abhängig. Zum Schluss des ersten Kennenlerngesprächs gebe ich eine Empfehlung, das kann wöchentlich oder alle zwei Wochen sein. Dann schaut mein Gesprächspartner, ob es für sie oder ihn auch so passt. 

Was ist Deine Meinung zum Thema Videobegleitung? Wo liegen die Vorteile, wo sind eventuell auch Grenzen? 

Ich finde, dass eine Videobegleitung viele Vorteile hat. Meine Gesprächspartner können das Gespräch in Ruhe und bequem von Zuhause führen und müssen nicht wieder in ein Krankenhaus oder in eine Praxis fahren. Die Personen fühlen sich Zuhause wohler und sicherer als in einer Praxis. 

Außerdem können sie auch Gespräche führen, wenn sie in einem Ort leben, der weit weg von einem Krankenhaus oder einer Praxis liegt. 

Eine Videobegleitung ist auch bei niedrigem Immunsystem und Bewegungseinschränkungen oder Unwohlsein während der Therapie möglich. Grenzen der Videoberatung sehe ich eigentlich nur bei der Wahl der Übungen und Hilfestellungen, aber auch die lassen sich durchführen, wenn sie an die entsprechenden Bedingungen angepasst werden.

Das erste Kennenlernen ist sicher ein wichtiger Moment, können sich Klienten darauf vorbereiten? 

Wenn sie wollen, können sie wichtige persönliche Fragen vorbereiten. Ansonsten einfach das Gespräch auf sich zukommen lassen und schauen, ob die Chemie untereinander stimmt. Denn das ist das Wichtigste für die Gespräche. 

Mein persönliches Warum?

Warum bist Du Psychoonkologin geworden, was war Dein Beweggrund? 

Meine Entscheidung ist im Freiwilligen Sozialen Jahr auf einer Onkologie-Station gefallen. Dort habe ich schnell gemerkt, dass ein Gespräch neben der ganzen medizinischen Behandlung unglaublich wichtig und entlastend ist. Meine Vision ist, dass jeder, der sich ein psychoonkologisches Gespräch wünscht, unkompliziert und schnell mit einer Psychoonkologin oder einem Psychoonkologen sprechen kann. 

Hast Du innerhalb der psychoonkologischen Begleitung ein Spezialgebiet? 

Meine Spezialgebiete sind, Ressourcen aktivieren und stärken. Außerdem will ich dabei helfen, das eigene Urvertrauen in den Körper wiederzufinden und mit den eigenen Bedürfnissen umzugehen. Und der Umgang mit nahe stehenden Personen und Konflikten. 

Wenn Du Dir was wünschen könntest für die Rahmenbedingungen der psychoonkologischen Begleitung, was wäre das für Dich?

Ich wünsche mir, dass genügend Psychoonkologen in Praxen und Krankenhäusern eingestellt werden, um jedem betroffenen Menschen ein oder mehrere Gespräche anzubieten. Und dass die Kosten für psychoonkologische Online-Gespräche, wie bei Helgahilft, von der Krankenkasse übernommen werden.

Wie entspannst Du Dich oder was sind Deine Hobbys, die Dir Kraft und Energie geben?

Ich kann mich gut beim Musik hören und beim Spazieren entspannen. Außerdem lese ich gerne und entspanne mich auf der Yogamatte.

Lesen Sie mehr über Josephine Marquart hier.

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